Gitarren im Weltall: Space Oddity – David Bowie/Chris Hadfield

Egal, ob kluger Marketing-Trick der NASA oder einfach nur geniale Idee des kanadischen Astronauten Chris Hadfield: gelungen ist die Aktion auf jeden Fall. Millionen haben das Video gesehen und sind gerührt und begeistert vom ersten Musikvideo aus dem Weltall. Welcher Song würde sich besser eignen als eben jener Hit aus dem Jahr 1969 von David Bowie „Space Oddity“? Und wer denkt beim Titel nicht an den Film „2001: A Space Odyssey“ von Stanley Kubrick aus dem Jahr 1968?

In „Space Oddity“ von David Bowie (Lyrics hier) geht es um den Astronauten Major Tom, der in seiner „Blechbüchse“, dem Raumschiff, auf einer Weltraummission Anweisungen und Rückmeldung von der Bodenstation bekommt. Zunächst geht es um den Raketenstart:

“Ground control to Major Tom Take your protein pills and put your helmet on (Ten) Ground control (Nine) to major Tom (Eight) (Seven, six) Commencing countdown (Five), engines on (Four) (Three, two) (detach from station) Check ignition (One) and may God’s (Start) love be with you…”

In Hadfields Version gibt es hier eine kleine Abweichung: es werden keine Pillen genommen an Bord der ISS (wer’s glaubt,…)sondern stattdessen technische Anweisungen gegeben: lock your Sojus hatch

Der Start ist offenbar gelungen und Major Tom ist ein Star! Die Boulevardpresse reißt sich um persönliche Details und will sogar wissen, welche Hemdenmarke er trägt – das war in den 60ern offenbar nicht anders als heute. Chris Hadfield wird wissen, wovon er da singt. Er ist ein Social-Media- Star – seine Tweets verfolgen beinahe 1 Million Menschen.

“This is ground control to Major Tom, you’ve really made the grade
And the papers want to know whose shirts you wear
Now it’s time to leave the capsule if you dare…”

Hadfield hat die ISS nicht verlassen, deshalb ändert er hier “leave” in “guide” – macht Sinn.

Was er dann beschreibt, wird durch die Video-Aufnahmen aus der Raumstation aufs Schönste illustriert:

“And I’m floating in a most peculiar way
And the stars look very different today
Here am I sitting in a tin can far above the world
Planet Earth is blue and there’s nothing I can do (left to do)…”

Schon hier auf der Erde kann der Blick in den Sternenhimmel große Gefühle auslösen: Wer bin ich angesichts dieser unendlichen Weite? Wie klein erscheinen mir meine Sorgen und Probleme! Woher kommt das alles, wohin führt es? Gibt es einen Anfang und ein Ende?                                                                                                                              Dabei hat man aber immerhin noch festen Boden unter den Füßen. Wie viel beeindruckender muss die Perspektive aus dem Weltraum sein: unser blauer Planet –  nur einer von vielen, so weit weg, so außer unserer Kontrolle!

Major Tom genießt die Stille und Ruhe und denkt an seine Lieben. Er sendet seiner Frau Grüße:

“Though I’m(I’ve flown) past one hundred thousand miles, I’m feeling very still
And I think my spaceship knows which way to go
Tell my wife I love her very much, she knows…”

Vielleicht hat er schon eine Vorahnung, denn die Geschichte geht ja nicht gut aus           Deshalb gibt es hier wieder kleine Änderungen bei Hadfield:

„…and before too long I know it’s time to go…
our commander comes down back to earth and knows…”

Denn die Katastrophe bahnt sich an, der Kontakt wird unterbrochen:

„Ground control to Major Tom, your circuit’s dead, there’s something wrong                                                                         Can you hear me, Major Tom?”

Hadfield ändert den Schluss souverän:… 


  „and before too long I know it’s time to go                           our commander comes down back to Earth and knows         Ground Control to Major Tom                                                 The time is near it’s not too long                                              Can you hear me Major Tom?“                                              Here I’m sitting in my tin can                                                       A last glimpse of the world                                                   Planet Earth is blue and there’s nothing left to do…“      

   

Wir wissen ja auch, dass er gut wieder auf dem blauen Planeten gelandet ist, Gott sei Dank. An der Raumfahrt und ihren Projekten scheiden sich die Geister. Das kostet alles unheimlich viel Geld – das auch anderswo benötigt wird. Durch die neuen Medien können heute viel mehr Menschen teilhaben an den außerirdischen Eindrücken. Vielleicht begeistern sich auf diese Weise mehr Menschen dafür.                                                                                                                                                      Es ist sicherlich kein Zufall, dass jetzt gerade die Frage der Mars-Besiedelung wieder durch die Presse ging. Es soll ja schon  Enthusiasten geben, die bereit wären für ein One-Way-Ticket zum Mars… Die Mars Society probt das Marsleben in unwirtlichen Gegenden der Erde, dafür finden sich auch Sponsoren.

Ich weiß ja nicht… Einerseits finde ich das alles sehr spannend und interessant. Die

Grenzen des Wissens verschieben sich immer mehr – hinein in die kleinsten Strukturen und in die größten Entfernungen.

Mich wird wahrscheinlich keiner fragen, ob ich mit auf den Mars will mit diesem One-Way-Ticket. Aber ich hätte sowieso abgelehnt.

 Was ich allerdings gar nicht „odd“ finde, sondern was mich viel mehr beruhigt, ist dieses schöne Video von Chris Hadfield zu David Bowies „Space Oddity“.                            Auch im Weltraum gibt’s Gitarren – und Musik!                                                            Vielleicht kann man dann da auch leben… 😉

Apokalypse now? Skyfall – Adele

Skyfall by yatish on deviant.ART cc by nc sa

Skyfall by yatish on deviant.ART cc by nc sa

Adele — Skyfall – MyVideo – ein Video zum Song

Skyfall – man meint, das zu verstehen, obwohl das Wort im englischen Wörterbuch gar nicht vorkommt. Zur Bedeutung:es muss etwas Bedrohliches sein. Erstens, weil es ein James-Bond-Film ist und zweitens, weil Fallen meistens schmerzhaft ist (z.B. „to fall in love :-)) und drittens, weil schon die alten Gallier wussten, dass es mit der Welt zu Ende geht, wenn ihnen der Himmel auf den Kopf fallen sollte.

Auch Adele, die britische Sängerin des neuen James-Bond-Titelsongs zum Film „Skyfall“, macht gleich zu Anfang klar, dass hier etwas zu Ende geht, was wiederum eine bedrohliche Erfahrung sein kann:

„This is the end
Hold your breath and count to ten
Feel the earth move and then
Hear my heart burst again“

Der final Count-down sozusagen – man fragt sich nur: ist das gleichzeitig der Soundtrack zum Ende des Maya-Kalenders (datiert auf Dezember 2012, das ist bald, nur wenige Wochen nach dem Bond-Film, zum Glück !) oder steckt dahinter eine ganz profane Aktion eines Bösewichts, die in guter 007-Manier mit reichlich Sprengstoff und Feuer einhergeht? Man weiß es nicht – und das Rätsel wird auch nicht gelöst im weiteren Verlauf des Songs:

„For this is the end
I’ve drowned and dreamt this moment
So overdue I owe them
Swept away, I’m stolen“

Das klingt reichlich kryptisch – und wer hier wem etwas schuldet, ist mir auch nicht klar, aber egal – seien wir einfach ebenso wie Adele überwältigt von dem, was da kommt:

Let the sky fall,
When it crumbles
We will stand tall
Face it all together
At Skyfall
At Skyfall“

Adele umschifft das linguistische Problem, indem sie ganz einfach aus dem Nomen ein Verb macht .Und es wird deutlich: sie ist nicht allein – der Weltuntergang/Himmelsturz/Skyfall wird gemeinsam durchgestanden, wenn auch mit gewissen Einschränkungen:

„Skyfall is where we start
A thousand miles and poles apart
Where worlds collide and days are dark
You may have my number
You can take my name
But you’ll never have my heart“

Gestatten: Bond, James Bond. My number? 007 – das muss reichen. Das Herz ist heute hier morgen dort oder im nächsten Film, beim nächsten Bond-Girl. Das sollten die doch inzwischen wissen, dass das kein Mann fürs Leben ist. Aber im Moment der Gefahr oder gar des Weltuntergangs ist der Mann ja keine schlechte Wahl (da kommt’s eh nicht aufs Morgen an) – und die Mädels sind ja auch nicht anders drauf.

„Where you go I go
What you see I see
I know I’d never be me
Without the Security of your loving arms
Keeping me from harm
Put your hand in my hand
And we’ll stand.“

…bis der Himmel einstürzt eben.

Aber natürlich ist das hier nicht wirklich das Ende, wo andere aufhören, fängt 007 erst richtig an:

„Skyfall is where we start…“

O-Ton Szene aus dem Film: “Jeder braucht ein Hobby”. „Und was ist Ihr’s? „  007:„Auferstehung“.

Also, nicht nachdenken, Adeles Stimme wirken lassen, Tickets besorgen (nicht in der ersten Reihe, da wird einem bei Bond-Filmen schwindelig und übel) und an die Auferstehung glauben… 🙂

Fatales Feuerwerk: Burn It Down – Linkin Park

Linkin Park – Burn It Down (Official Music Video) from Nguyen Do on Vimeo.

Das Leben schreibt manchmal gnadenlose Geschichten.  Eine solche erzählt „Burn it Down“ (Lyrics kann man hier nachlesen), die erste Single aus dem neuen Album  „Living Things“ von Linkin Park, das im Juni 2012 veröffentlicht wird. Feurig und bunt geht’s zu am Himmel der Band:

„The cycle repeated as explosions broke in the sky …                                                           The colors conflicted as the flames climbed into the clouds …“

Das ist aber offenbar kein unterhaltsames Silvesterfeuerwerk, das da über die Bühne geht. Der Refrain klagt:

„We’re building it up
To break it back down
We’re building it up
To burn it down
We can’t wait
To burn it to the ground .“

Zerstörend und verzehrend ist das Feuer und die Glut erfasst auch die Zuschauer – im Video am Ende auch die Sänger der Band Linkin Park.

„And you were there at the turn
Caught in the burning glow…“
Gewalt ist im Spiel und Enttäuschung und ja, auch Rachsucht:

„You told me yes
You held me high
And I believed when you told that lie
I played that soldier, you played king
And struck me down when I kissed that ring
You lost that right to hold that crown
I built you up but you let me down
So when you fall, I’ll take my turn
And fan the flames as your blazes burn.“

In einem Interview hat Mike Shinoda von Linkin Park sich zum Song geäußert und zwei Interpretationen angeboten. Es könnte um eine gescheiterte Liebesbeziehung gehen. Einer vergöttert den anderen, stellt ihn auf den Sockel, unterstützt ihn, kämpft für ihn (oder sie), vertraut ihm völlig – und wird am Ende enttäuscht, verleugnet, fallengelassen. Auch Versuche, die Beziehung zu retten, sind zum Scheitern verurteilt:

„I wanted to fix this  but couldn’t stop from tearing it down…“ und immer wieder: „We’re building it up to break it back down.“

Der Umgang des Menschen mit der Erde könnte noch mitschwingen in diesem „Burn it Down“ – ist nicht unsere Technik gleichzeitig aufbauend und zerstörerisch? Wir wollen die Umwelt retten, können uns aber nicht vorstellen, auf Wachstum zu verzichten: I wanted to fix this  but couldn’t stop from tearing it down…

Aber auch die Erfahrung in der Musikindustrie ließen sich hier hineinlesen, meinen Linkin Park. Der bejubelte Künstler, die hochgelobte Sängerin können ebenso schnell wieder auf den harten Boden der Realität zurückfallen, ganz ohne Mitleid. Der Konkurrenzkampf ist gnadenlos.

Kann ja sein, dass solche Erfahrungen, egal ob im Privatleben oder im beruflichen Umfeld, zu Rachefantasien animieren. Die Realität gibt Linkin Park Recht, besonders im privaten Bereich scheint dieses „es-dem-anderen-heimzahlen“ nach dem schmerzlichen Scheitern einer Beziehung besonders beliebt zu sein. Einvernehmliche Trennungen in Freundschaft sind eher die Ausnahme.

Sind wir Menschen tatsächlich so?  So zum Scheitern verurteilt, so hilflos unseren Instinkten ausgeliefert, so (selbst-)zerstörerisch?

Die einzige Hoffnung scheint der Gedanke des Anfangs zu sein: „The cycle repeated…”

Nach jedem Zusammenbruch folgt ein Neuanfang – und wir wissen ja: “Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben“ (H.Hesse, Stufen).

Kein Happy End in diesem Song, aber das gibt’s im Leben ja auch nicht immer. Auch die negativen, erschreckenden Erfahrungen, die wir als Menschen machen, können zu Musik werden und helfen manchmal sogar dabei, sie zu ertragen.

Alles hat eben seine Zeit.

Wer kümmert sich? We take care of our own – Bruce Springsteen

Das offizielle Video zum Song kann man hier ansehen: Bruce Springsteen – We Take Care Of Our Own on MUZU.TV.

The Boss is back. Immer noch patriotisch-amerikanisch. Immer noch rockig und hymnisch. Auf seinem neuen Album „Wrecking Ball“ (Abrissbirne) vom März 2012 nimmt sich Bruce Springsteen wieder einmal die amerikanische Befindlichkeit vor – und wird mit dem Song „We take care of our own“ (Lyrics gibts hier) kurzer Hand vom amtierenden Präsidenten Barack Obama höchstpersönlich (oder haben ihm das seine Berater empfohlen?) in die offizielle Playlist des amerikanischen Wahlkampfs aufgenommen.

Da hat der Präsident das Anklopfen an seiner Tür offensichtlich vernommen – oder ist da eine noch höhere Adresse gemeint?:

“I been knocking on the door that holds the throne…”

Wie dem auch sei, die Antwort ist einigermaßen verheerend und es wundert mich schon, dass es dieser Song in die Playlist Obamas geschafft hat. Die Politik der letzten Jahre kommt nämlich nicht so gut weg in diesem Song:

“I been stumbling on good hearts turned to stone
The road of good intentions has gone dry as a bone”

Was ist mit all den Versprechen und guten Vorsätzen? Wo ist der „change“, die große, durchgreifende Veränderung in der amerikanischen Gesellschaft? Anspielungen auf die Katastrophen der letzten Jahre, Wirbelsturm Katrina, die Zerstörung von New Orleans und das mangelhafte Verwalten der Not kommen hier zum Ausdruck:

„From Chicago to New Orleans
From the muscle to the bone
From the shotgun shack to the Superdome
There ain’t no help, the cavalry stayed home
There ain’t no one hearing the bugle blowin’…”

Sechs  Fragen, sechs  Anklagen bilden das Kernstück des Songs:

“Where’re the eyes, the eyes with the will to see
Where’re the hearts that run over with mercy
Where’s the love that has not forsaken me
Where’s the work that’ll set my hands, my soul free
Where’s the spirit that’ll reign over me
Where’s the promise from sea to shining sea…”

Augen, die die Not der Menschen sehen.    Herzen, die barmherzig sind.    Eine Liebe, die einen nicht aufgibt.   Arbeit, die die Seele befreit.     Ein Geist, der beflügelt und leitet.  Ein Versprechen, das den amerikanischen Traum in seiner Ausdehnung von Küste zu Küste ausmacht.

Das hat durchaus religiöse Dimensionen. Man achte mal auf seine Körperhaltung bei Where’s the love that has not forsaken me? – Bibelkundige haben da sicherlich so ihre Assoziationen…

Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei vermisst Bruce Springsteen in seinem Amerika, das sich den christlichen Glauben doch so demonstrativ auf die Fahne schreibt.

Fazit: Wir kümmern uns selbst um unsere Probleme – oder wir kümmern uns um unsere eigenen Probleme?

„We take care of our own
We take care of our own
Wherever this flag’s flown
We take care of our own…“

Das könnte  durchaus einen doppelten Boden haben. Sozialromantisch gesehen: der arme kleine Mann, die arme kleine Frau hat von der Politik, von den Reichen keine Hilfe zu erwarten. Was bleibt, ist die Solidarität untereinander – hopefully…

Oder: Jeder ist sich selbst der Nächste. Wo immer Stars and Stripes im Wind wehen, herrschen Egoismus und die Suche nach dem eigenen Vorteil.

Wie auch immer Obama den Song Bruce Springsteens verstehen mag, in seinen Wahlkampf aufgenommen klingt es wie ein erneutes Versprechen: Yes, we can – wir Amerikaner kümmern uns! Bleibt die Frage: um wen oder was? Aber das will ja vielleicht gar keiner so genau wissen. Kann man jedenfalls gut mitsingen: We take care of our own… ♫ ♫ ♫

Sehnsucht nach Ewigkeit: Tage wie diese – Die Toten Hosen

Die pure Lebens- und Feierfreude kommt in der neuen Single der Toten HosenTage wie diese“ ‘rüber – keine Frage. Das Video zum Song explodiert in Farbe, Bewegung, Begeisterung. Das Lied besingt eine Verabredung, ein Treffen, das lange vereinbart war:

„Ich wart seit Wochen, auf diesen Tag
und tanz vor Freude, über den Asphalt
Als wär’s ein Rythmus, als gäb’s ein Lied
Das mich immer weiter, durch die Straßen zieht
Komm dir entgegen, dich abzuholen, wie ausgemacht
Zu der selben Uhrzeit, am selben Treffpunkt, wie letztes Mal“

Musik, Tanz, Party, viele Leute, Festivalstimmung. Musik begeistert, vereint:

„Durch das Gedränge, der Menschenmenge
Bahnen wir uns den altbekannten Weg
Entlang der Gassen, zu den Rheinterrassen
Über die Brücken, bis hin zu der Musik
Wo alles laut ist, wo alle drauf sind, um durchzudreh’n
Wo die Anderen warten, um mit uns zu starten, und abzugeh’n“

Musik lässt den Alltag und die Sorgen vergessen, ich gehöre dazu, ich bin icht mehr allein:

„Das hier ist ewig, ewig für heute
Wir steh’n nicht still, für eine ganze Nacht
Komm ich trag dich durch die Leute
Hab keine Angst, ich gebe auf dich Acht
Wir lassen uns treiben, tauchen unter, schwimmen mit dem Strom
Dreh’n unsere Kreise, kommen nicht mehr runter, sind schwerelos“

Musik und ihr Erleben in der Gemeinschaft ist sinnstiftend, hebt mich über das Jetzt hinaus, da klingt etwas an, das mehr als irdisch ist. Es soll immer so bleiben, es soll kein Ende,  keine Begrenzung, keinen Tod geben. Wahrscheinlich sind wir Menschen die einzigen Lebewesen, die wissen, dass sie sterben püssen, die ihren eigenen Tod fürchten, die sich nach Ewigkeit sehnen und überhaupt eine Ahnung von Ewigkeit und Unendlichkeit haben.

„An Tagen wie diesen, wünscht man sich Unendlichkeit
An Tagen wie diesen, haben wir noch ewig Zeit
Wünsch ich mir Unendlichkeit“

Das Thema Ewigkeit gehört ursprünglich in den Zuständigkeitsbereich  der Religionen. Längst taucht es aber im säkularen Alltag auf. Scheint etwas durchaus Menschliches zu sein, diese Sehnsucht. Sie entstammt sicherlich der Angst vor dem Tod und der Ungewissheit, die dieser mit sich bringt. Aber auch der Freude am Leben, dem Wunsch, das Schöne als unendlich zu erleben, ihm Dauer zu geben.

Heute ist Ostern. Ein Fest, das das Leben feiert. Dies soll sicherlich kein Osterlied sein und die Bilder des Videoclips entstammen offensichtlich keiner kirchlichen Osterfeier.

Trotzdem: die Botschaft  dieses Lieds der Toten Hosen „Tage wie diese“ und die gute Nachricht von der Auferstehung Jesu am Ostermorgen und dem Sieg des Lebens über den Tod klingen irgendwie verwandt:

„In dieser Nacht der Nächte, die uns so viel verspricht
Erleben wir das Beste, kein Ende ist in Sicht
Erleben wir das Beste, und kein Ende ist in Sicht
Kein Ende in Sicht“

In diesem Sinne:  Frohe Ostern euch allen! 😉

Stadt-Ansichten – Unheilig und Max Prosa

Zwei Musiker, zwei Lieder,  zwei Stimmungen, ein Thema – und doch könnten sie unterschiedlicher nicht sein, diese beiden  Songs: „Lichter der Stadt“ von Unheilig aus dem  neuen gleichnamigen  Album und „Abgründe der Stadt“ aus Max Prosas Album „Die Phantasie wird siegen„.

Es gibt ja Menschen, die lieben das Landleben und andere, die lieben Großstädte und ihre Atmosphäre, ihr Glitzern, ihren Trubel und ihre Anonymität. Ich gehöre dazu. New York ist für mich der Inbegriff einer solchen Stadt –  laut, hektisch, gefährlich, ja, aber auch bunt, lebendig, kreativ, atemberaubend in vielerlei Hinsicht. Auch ich mag  den Blick von oben, wie ihn Unheilig hier in seinem Lied beschreibt und im Video vorführt  – hier auf seiner Website anzusehen.

„Ich nehme mir die Zeit
Auf die Dächer der Stadt zu gehen
Dem Leben zuzusehen
Still zu stehen
Alles wirkt so klein
Unscheinbar entfernt und weit
Das Leben pulsiert hier
Weit weg von mir“

Die Gefühle, die da bei ihm aufkommen, sind durchweg positiv:

„Ich lehne mich zurück
Und genieße dieses Glück… Hier fühle ich mich frei“

Er ist zwar in der Stadt, aber eben nicht wirklich in sie eingetaucht, alles ist weit weg, klein, so von oben. Er ist allein, und das in der Millionenstadt, aber nicht, weil er einsam ist wie viele es dort vielleicht sind, sondern weil er es so will, weil er diese Ruhe sucht und genießt:
„Ich bin mit mir allein…
Der Alltag fliegt an mir vorbei
Fernab der Jagd des Lebens
Fühle ich mich frei…    Alles wirkt so klein
Das Leben pulsiert weit weg von hier…“

Ganz anders Max Prosa.

Schon der Titel seines Songs sagt an, wie er die Stadt erlebt – als abgründig, grell, dumm und hässlich:

„Drei Tage ohne Schlaf, ich lieg’ im grellen Neonlicht,
nimm mich mit irgendwohin, doch bitte frag mich nicht
wo ich zuhaus’ bin, ich weiß nur: bestimmt nicht hier…

Nimm mich raus aus den Abgründen der Stadt,
irgendwo ist das Schöne, auch heute Nacht…“

Und die Menschen in der Stadt? Sie wirken auf ihn wie Zuschauer in einer Zirkusnummer, die längst vorbei ist – sie lachen trotzdem und merken gar nicht, dass sie über sich selbst und ihre Ungeschicklichkeiten lachen:

„Wo wir alle dumm rumsteh’ n und zuseh’ n wie zerlumpte Clowns
ihre eignen Schatten jagen, es macht Spaß ihnen zuzuschaun,
bis irgendwer behauptet, es ist alles Spiegelglas – und wir sind das.“

Die Stadt, sie macht unfrei, sie erdrückt die Fantasie, ihre Gesetze lähmen und beengen:

„Wo wir alle dumm rumsteh’ n, in schweren Stiefeln der Realität,
in denen man, wenn überhaupt, immer nur kleine Schritte geht…“

Es gibt für ihn nur einen Weg aus diesem Gefängnis heraus: wenn nicht die reale Flucht aus der Stadt, dann wenigstens die Fantasie, die Reise in Gedanken, die das Thema des ganzen Albums ist:

„Und ich tanze in Gedanken, dort wo es mir gefällt,
barfuß auf den Straßen am Ende dieser Welt,
und auf den Eisenbahnbrücken ins Nichts,
nur nicht hier.“

Ja, die Gedanken sind frei, zum Glück. Vielleicht hätte  Max Prosa auch einfach mal eine andere Perspektive wählen sollen und die so gehasste Stadt von oben ansehen sollen.

Aber vielleicht hätte sich Herr Unheilig auch erst mal in die Niederungen der von ihm besungenen Stadt begeben sollen, bevor er ihr Loblied singt.

Wer Recht hat? Schon in der Bibel spannt sich der Bogen der Menschheitsgeschichte zwischen Garten und Stadt, Paradies und himmlischem Jerusalem. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich  im Auge des Betrachters.

Unheilig schwebt nicht nur optisch über den Dächern, er hält sich auch so ein bisschen ‘raus aus dem städtischen und menschlichen Wirrwarr des Lebens, sagt er selbst in einem Interview: „Ich versuche schon seit Jahren mit der Musik meine Welt positiv zu sehen, sonst wäre es ja total trostlos“…Das ist wie ein Kinofilm, ohne Happy End ist das total unerfüllend. Ich brauche zum Schluss den Helden, der in den Sonnenaufgang reitet. Wenn der nicht da ist, bin ich frustriert.“ (1Live Interview)

Max Prosa, der junge Mann auf der Suche nach Sinn und einer Heimat, nimmt den Schmerz etwas genauer unter die Lupe. Es gefällt mir, dass er sucht und fragt und sich hineinbegibt in die Abgründe. Das ist eben das Leben, es klappt nicht immer mit dem Happy End…  Ist der Jüngere hier weiser als der Ältere? 😉

„Nimm mich mit irgendwohin, doch bitte frag mich nicht
wo ich zuhaus’ bin, ich weiß nur: bestimmt nicht hier.“

One Moment in Time – Whitney Houston

Whitney Houston ist tot. Auch wenn manche meinen anmerken zu müssen, dass ihr Lebenswandel dazu beigetragen hat – mit 48 Jahren sollte man noch nicht gehen müssen. Und wer weiß schon genau, wer sie war und warum sie was getan hat. Der Song „One Moment in Time“ (Lyrics gibt es hier)aus dem Jahr 1988 stammt aus einer Zeit, in der es ihr wohl noch besser ging als am Ende ihres Lebens. Es wurde zur Hymne der Olympischen Spiele 1988 und passt ja auch ganz gut zum sportlichen Ehrgeiz, diesen einen Moment des Sieges auskosten zu dürfen, dort angekommen zu sein, wofür man jahrelang trainiert hat:

„I want one moment in time
When I’m more than I thought I could be
When all of my dreams are a heartbeat away…

You’re a winner for a lifetime
If you seize that one moment in time
Make it shine“

Aber es geht natürlich um noch viel mehr als glänzende olympische Goldmedaillen in diesem Songtext. Die erste Strophe ist programmatisch:

„Each day I live
I want to be a day to give the best of me
I’m only one but not alone
My finest day is yet unknown“

So spricht jemand mit hohen Ansprüchen an sich selbst und das Leben, immer bereit, das Beste zu geben. Jeder kämpft für sich allein in diesem Lebenswettkampf, aber sie fühlt sich nicht allein, sondern als Teil einer Gemeinschaft – oder von jemandem begleitet. Dabei ist ihr durchaus bewusst, dass der Weg steinig ist und dass man den Erfolg nicht ohne Anstrengung und Enttäuschung haben kann, es ist ein Auf und Ab:

„I broke my heart, fought every gain
To taste the sweet I face the pain
I rise and fall“

Was will sie? Diesen einen Moment, in dem alles so ist, wie es sein soll, in dem Träume wahr werden und alle Fragen beantwortet scheinen, in dem man das Schicksal an seiner Seite hat:

„I want one moment in time
When I’m more than I thought I could be
When all of my dreams are a heartbeat away
And the answers are all up to me
Give me one moment in time
When I’m racing with destiny“

Wie sich der anfühlt, dieser Moment?

„I will feel eternity… I will be… I will be free…“

Freiheit, Ewigkeit, einfach Dasein. Geht das? Kann man das haben im Hier und Jetzt?

Man kann, sagt der Glaube. Wenn man erfährt, dass da mehr ist zwischen Himmel und Erde, als wir zu wissen meinen, dass die Ewigkeit kein Hirngespinst ist, sondern unsere Heimat und  manchmal hier schon aufscheint.

Man kann, sagt die Liebe. Zumindest für einen Moment, in dem man einfach so sein kann, wie man ist und wer man ist.

Man kann, sagt die Hoffnung. Eines Tages werde ich frei sein, auch frei vom Zwang, immer alles geben zu müssen und vielleicht daran zu zerbrechen.

Whitney Houston ist scheinbar daran zerbrochen, wer weiß. Obwohl sie eigentlich die Lösung, die Entlastung von diesem Druck kannte. Sie ahnte, dass der Erfolg letztlich nicht machbar ist, dass sie zwar ihren Teil dazu beitragen musste, dass da aber jemand ist, der ihr die Hände füllen musste, damit dieser „moment in time“ wahr wurde:

„I’ve laid the plans
Now lay the chance
Here in my hands“

Wen spricht sie da eigentlich an? Das Schicksal, Gott? Es klingt wie ein Gebet, dieses Lied.

Möge Whitney Houston diesen Moment von Freiheit und Ewigkeit nun erleben.

Besuch von der Ex: Someone like you – Adele

Man kommt ja nicht drum herum, um dieses Lied, das schon wochenlang die Nr. 1 in den deutschen Charts belegt. Mit „Someone like you“ aus dem Album „21“ hat die britische Künstlerin Adele den ganz großen Hit gelandet. Und meine Vermutung bestätigt sich einmal mehr: Lieder über Liebeskummer berühren oft mehr als Songs, die einfach die Freude und das Glück einer Liebesbeziehung besingen. Sagt sie selber auch im Lied:

„Sometimes it lasts in love, 
But sometimes it hurts instead.“ 

Der, den sie geliebt hat und immer noch liebt, wird nicht begeistert sein von ihrem Auftritt. Er ist inzwischen glücklich verheiratet – mit einer anderen.

„I heard that you’re settled down, 
That you found a girl and you’re married now. 
I heard that your dreams came true…“

Und so fragt sie fast ein wenig scheinheilig: Warum bist du so zurückhaltend und still, so kenne ich dich doch gar nicht:

„Old friend, why are you so shy? 
Ain’t like you to hold back or hide from the light.“

Für ihn ist sie Vergangenheit, für sie ist die Erinnerung an vergangene Zeiten so präsent und lebendig, dass sie noch einmal in sein Leben platzen  muss- ihr ist durchaus bewusst, dass sie da eine Grenze überschreitet, aber der Wunsch ihn wiederzusehen, ist übergroß:

„You know how the time flies, 
Only yesterday was the time of our lives. 
We were born and raised in a summer haze, 
Bound by the surprise of our glory days. 
I hate to turn up out of the blue uninvited, 
But I couldn’t stay away, I couldn’t fight it…“

Was sie von ihm will? Dass er sich auch erinnert, dass er sie nicht vergisst – und naja, dass er sich vielleicht wieder in sie verliebt:

„I had hoped you’d see my face, 
And that you’d be reminded that for me it isn’t over…Don’t forget me, I beg“

Ganz schön schwierig und unter Umständen peinlich, diese Situation. Aber wer verliebt ist, dem ist das egal.

Ob man ihr das abnehmen  darf, dass sie ihm das Allerbeste wünscht? Da nagt auch Eifersucht und wer kennt sie nicht, die Frage: was hat sie/er, das ich dir nicht geben konnte? Es klingt fast ein wenig trotzig, wenn sie beteuert, dass sie schon jemand anderen finden wird – ehrlicher  scheint mir  ihre Erkenntnis, dass er für sie einzigartig war und ist:

„Nothing compares, 
No worries or cares, 
Regrets and mistakes, they’re memories made, 
Who would have known how bittersweet this would taste?

Never mind, I’ll find someone like you. 
I wish nothing but the best for you.“ 

Wie lange kann so etwas  gehen – die Trauer um eine verlorene Liebe? Wieviel  Zeit gibt man sich heute dafür, bevor man sich in eine neue Beziehung stürzt?  Und warum hilft es nicht, wenn andere beteuern, dass die Zeit alle Wunden heilen werde? Sie tut es ja, meistens – zum Glück.

Zumindest lernen wir, mit den Wunden und Narben zu leben:

„Regrets and mistakes, they’re memories made, 
Who would have known how bittersweet this would taste?“

Und ja, man kann auch den Schmerz lieben, für eine Weile, und solche Lieder wie Adeles “Someone like you” hören – oder  “New Age”  oder “Happiness” oder „Somebody that I used to know“…  Den oder die Ex sollte man aber vielleicht nur in Gedanken aufsuchen, alles andere ist meistens nicht sehr förderlich für die „Wundheilung“ …. 😉

Hier noch ein Link zu einem schön-melancholischen Video zum Song, gefilmt frühmorgens in Paris, der Hauptstadt der (unglücklich) Liebenden

 

 

 

Wer bin ich? The person I should have been – James Morrison


Jahreswechsel sind ja immer so eine Gelegenheit, Resümee zu ziehen. Wie war das vergangene Jahr? Was bringt das neue? Bleigießen soll uns etwas über die Zukunft verraten, Vorsätze werden gefasst. Was sagen die Sterne – Horoskope haben Hochsaison. „Die Chancen werden 2012 neu verteilt“ stand in meinem – man könnte meinen, das sei ja immer so, stimmt aber auch nicht wirklich. Manche haben mehr Chancen als andere, manche sind gleicher als andere….

Der britische Sänger James Morrison zieht auch Bilanz in seinem Song „The person I should have been“  (Lyrics gibt es hier) aus dem Album The Awakening (2011). Es muss sich etwas ändern in seinem Leben, es braucht  Farbe nach einer schwarzen, dunklen Phase:

„I’m gonna start again
This world (wall?) I painted black
Just needs some colour
I’m gonna live my life like the other
Person I should have been…“

Das Licht in seinem Inneren droht auszugehen, man kann sich auch ans Dunkel gewöhnen, darin und im Schmerz den Sinn sehen – aber jetzt muss Licht her:

„I ain’t tapping out, no no no no
To this dark and twisted dream
That’s kept me living
I pray to my soul
To keep its fire burning
And when it does…“
I’m gonna let it shine…“

Er möchte nicht bereuen was war, aber doch einen Neuanfang wagen, seine andere Seite ans Licht lassen:

„I’ll make the best of this life I’ve got left
Got no time for no regrets
Gonna show you just what I can be
The person I should have been…“

Dafür braucht er keinen Jupiter oder Saturn in besonderer Konstellation, nur einen anderen Blickwinkel:

„I wanna change my perspective of reality
Be a much better version of me
The person I should have been…“

Das ist harte Arbeit und passiert nicht von selbst, es braucht Zeit, manchmal Reinigungs-Rituale, Ermutigung und Entscheidungen und das Wissen darum, dass man auch anders hätte handeln können oder sollen.

„And it might take time, take time…

Put my sincerity to the test
Wake up my senses finally
The water washes me clean…“

Wer bin ich eigentlich? Kann ich wirklich von vorne anfangen, nur weil der Kalender von vorne anfängt? Ich nehme das „alte“ Selbst immer mit, das wissen nicht nur Psychotherapeuten, das ahnen wir alle. Unsere Vergangenheit ist immer bei uns, begleitet uns, macht uns auch aus.

„Who am I now?
A lonely man that’s fallen down
No I can’t change
The past that time has all burned out…“

Wir SIND unsere Geschichte, wir verändern uns in ihr und schöpfen unser Potential vielleicht nie ganz aus, lernen uns vielleicht nie ganz kennen. Das mag beunruhigend sein, diese Schattenseiten in uns zu ahnen, aber ich finde das auch spannend und ermutigend:

„But I know somewhere inside of me
Is the person I could have been…“

Wer weiß, welche Persönlichkeitsanteile das Leben im Jahr 2012 in uns hervorlockt, welches „awakening“ uns bevorsteht – vielleicht werden wir uns wundern.

Bildschön: Somebody that I used to know – Gotye feat. Kimbra

Der Australier/Belgier Wouter De Backer  alias  Gotye  (sprich wie Gaultier, der Modeschöpfer) ist mit seinem originellen Video zum Song „Somebody that I used to know“  ( Link zum Video und Songtext/Lyrics  hier) aus dem Album  „Making Mirrors“ (2011) ganz groß auch auf der europäischen Bühne angekommen.

Thema ist wieder einmal das Scheitern einer Liebe. Warum nur sind all die Dinge, die wir für so wichtig halten, so kompliziert? Frieden, Gerechtigkeit, Liebe – wir suchen sie und meinen sie manchmal zu finden – und schon sind sie uns wieder entglitten.

Was bleibt, ist der Rückblick auf etwas, das mal da war und was der Sänger für Liebe hielt:

„Now and then I think of when we were together
Like when you said you felt so happy you could die
Told myself that you were right for me…“

Aber da war ein Zweifel von Anfang an, eine Traurigkeit, ein Wissen darum, dass es nicht „die Richtige“ ist:

„But felt so lonely in your company
But that was love and it’s an ache I still remember
You can get addicted to a certain kind of sadness
Like resignation to the end…“

Kann man sich an den Schmerz gewöhnen, an das Selbstmitleid? Gewiss, und da heute Beziehungen oft scheitern, ist man regelrecht dazu gezwungen, mit dieser Erfahrung weiter zu leben. Und man ist ja erwachsen und trennt sich einvernehmlich und als Freunde, denkt man jedenfalls:

„So when we found that we could not make sense
Well you said that we would still be friends
But I’ll admit that I was glad that it was over…“

Bisher bleibt der Sänger im Video relativ regungslos, er hat alles im Griff, so scheint es. Aber dann bricht der Schmerz doch hervor. Was scheinbar so spurlos an ihm vorbeigeht, hat doch furchtbar gekränkt:

„But you didn’t have to cut me off
Make out like it never happened                                                  
And that we were nothing…“

So tun, als wenn nichts gewesen wäre, die gemeinsame Geschichte auslöschen, ja, jeglichen Kontakt abbrechen und die Freunde beauftragen, die restlichen Sachen abzuholen, das ist ja wohl unterste Schublade:

„But you treat me like a stranger
And that feels so rough
You didn’t have to stoop so low                                                                                     
Have your friends collect your records
And then change your number…“

Aus der großen (oder kleinen?) Liebe wird einfach eine Bekannte:

„Now you’re just somebody that I used to know…“

Soweit die eine Seite der Geschichte. Dann hören wir die andere, IHRE, dargestellt und gesungen von der neuseeländischen Künstlerin Kimbra :

„Now and then I think of all the times you screwed me over
But had me believing it was always something that I’d done
And I don’t wanna live that way
Reading into every word you say…“

Sie fühlt sich betrogen, eingeengt, für alle Probleme verantwortlich gemacht und zieht einen Schlussstrich. Sie bewegt sich heraus aus dem Gemälde, schüttelt sich regelrecht frei, geht auf ihn zu und wieder zurück. Sie verliert die Farbe – und es ist, als ob er sie hier zum ersten Mal wirklich wahrnimmt und ihr fast bedauernd hinterher sieht.

Kann man sich so täuschen, kann man so blind sein?  Sind wir alle zu sehr damit beschäftigt, unser Leben zu entwerfen, die richtigen „Farben“ für unser  Lebens-Gemälde  zu designen – so sehr, dass wir die Menschen gar nicht mehr richtig wahrnehmen, die wir einfach in das Bild meinen einfügen zu können? Werden sie zu Körpern (some-body), Statisten, Leinwand, die wir meinen gestalten zu können?

Sehen wir genauer hin, bevor es zu spät ist und wir die Liste  derer, die wir mal „ganz gut kannten“ (somebody that I used to know), wieder um einen Namen verlängern müssen…