Ist Liebe ansteckend? Something in the Water – Brooke Fraser

Heute ist der letzte Sommertag – und ein Lied hat uns diesen Sommer im Radio begleitet, das ich irgendwie nicht aus dem Kopf bekomme. Deshalb kommt es jetzt in den Blog – und verschwindet dann vielleicht aus meinem Gehirn. Es verbreitet gute Laune mit seiner Melodie und dem beschwingten Rhythmus. Vom Text versteht man auf Anhieb nicht viel außer: …“there’s something in the water“ …. und „doo doo doo do dooo… „ und irgendwas mit „I love you“. Die Lyrics kann man hier nachlesen.

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Der Song der Neuseeländerin Brooke Fraser aus  ihrem Album „Flags“ (2010) könnte ja auch glatt als Titel eines Horrorfilms oder Psychothrillers durchgehen. „There’s something in the water“ – also ich denke da an Seeungeheuer oder gefährliche surferfressende Haifische –

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shark  alarm?

Natürlich nicht, wie man schnell feststellt, wenn man das Video zum Lied ansieht. Es ist in der Tat ein Lied über die Liebe und die Sehnsucht, über lange, faule Sommertage und laue Sommernächte in der Hängematte  bei einem Glas Rotwein  oder zwei:

“Give me nights of solitude, red wine just a glass or two,
Reclined in a hammock on a balmy evening
I’ll pretend that its nothing that’s skipping my heart when I think of you
thinking of me babe I’m crazy over you”

Die Tage werden zum Präludium für die Nächte, der ganze Sinn des Lebens liegt in der Liebe, im an-den-anderen-denken und sich vorstellen wie der andere an mich denkt – hach…:

“Give me long days in the sun,
preludes to the nights to come
Previews of the mornings laying in all lazy
give me something fun to do like a life of loving you
kiss me quick now baby I’m still crazy over you”

Die Liebe macht schön, soviel ist klar, und sie kleidet die Liebende in ein Gewand aus Licht und Farbe und Schönheit – nix Prada, Dior, Gabbana und Co – der Schmuck sind singende Vögel auf den Schultern:

“I wear a demeanor made of bright pretty things
What she wears, what she wears, what she wears
Birds singing on my shoulder in harmony it seems
How they sing, how they sing, how they sing”

Frühling und Sommer sind die Jahreszeiten der Liebe: der Rhythmus des Frühlings lässt die Liebenden tanzen, die Sommersonne verleiht ihnen einen Heiligenschein – ich muss da an Botticellis  Gemälde „Frühling „ denken:

„I’ve got halos made of summer, rhythms made of spring
What she wears, what she wears, what she wears
I got crowns of words a woven each one a song to sing
Oh I sing, oh I sing, oh I sing“

Woher kommt dieses wunderbare Gefühl? Die Liebe kommt oft überraschend, auf jeden Fall nicht planbar und vorhersehbar, die liegt ganz einfach in der Luft und manchmal erwischt es einen eben. Dafür gibt es viele Bilder und Ausdrucksweisen. Früher malte man Cupidos und Amor mit ihren Liebespfeilen – es liegt etwas in der Luft oder eben „es muss etwas im Wasser sein“, das wir trinken, wenn plötzlich um mich herum alle rosarote Brillen tragen – Liebe kann ansteckend sein, wie schön:

„Theres something in the water that makes me love you like I do”

Im Video läuft die Comicfigur schlafwandelnd durch einen Wald – macht Liebe auch blind und willenlos? Manchmal wohl schon. Die Blätter fallen da schon von den Bäumen – hoffentlich wird das Herbst – Erwachen nicht allzu enttäuschend.

Eins ist klar: die Liebe verändert sich, auf Frühling und Sommer folgt immer Herbst und Winter.

Vielleicht  können wir noch ein wenig von der Leichtigkeit des Sommers  mit in den Herbst nehmen. Und Liebe muss ja auch im Herbst und Winter möglich sein, oder?

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Schlaflos in NY: Empire State of Mind – Alicia Keys / Jay-Z

Vor drei Jahren war ich eine Woche lang in New York – für mich der Inbegriff, das Sinnbild einer Stadt, ein „state of mind“. Ich war fasziniert von dieser „Stadt, die nie schläft“: taghell nachts am Times Square, bunt, lebendig durch die Menschen aus aller Welt, laut und hektisch – aber auch grün, relaxed, alternativ, kreativ in manchen Stadtteilen.

New York ist in vieler Hinsicht ein Sinnbild für Amerika und die moderne, westliche Zivilisation und war deshalb sicherlich auch Ziel der Terroranschläge vom 11.September 2001 vor  genau 10 Jahren.

Ich stand am Ground Zero, das einfach nur wie eine Großbaustelle aussah und konnte nicht begreifen, was Menschen antreibt, die so etwas planen und durchführen können, eine Stadt und ihre Menschen so im Nerv zu treffen.

Man meint, sie zu kennen, diese Stadt aus Filmen und TV Serien – sie sieht auch genauso aus. Viele Songs haben die Liebe zu NY besungen, so auch der von Alicia Keys und Jay-Z. „Empire State of Mind“ aus dem Jahr 2009.

Ich habe für heute die etwas leisere, auch kürzere Variante von Alicia Keys am Piano gewählt. Die Lyrics könnt ihr hier nachlesen.

Sie besingt ebenso wie in der gemeinsamen Originalfassung mit Jay Z  das besondere Flair dieser Stadt, besonders die Träume derer, die hier leben, und deutet  auch die Kehrseite des Traums an: soziales Elend, Kriminalität und Gewalt:

“Grew up in a town that is famous as the place of movie scenes
Noise was always loud, there are sirens all around and the streets are mean.”

Prostituierte, Drogendealer, verrückte Prediger gehören genauso hierher wie die Banker, Touristen, Kinder und alte Leute:

„On the avenue, there ain’t never a curfew, ladies work so hard
Such a melting pot, on the corner selling rock, preachers pray to God“

Die Sehnsucht, der Hunger nach Leben, Gerechtigkeit und Anerkennung ist groß:

„Some will sleep tonight with a hunger far more than an empty fridge“

Eins scheint sie alle zu verbinden – der Traum vom Glück, was auch immer das heißen mag:

„I got a pocketful of dreams
Baby, I’m from New York
Concrete jungle where dreams are made of
There’s nothing you can’t do
Now you’re in New York
These streets will make you feel brand new
Big lights will inspire you“

Der Asphalt–Dschungel ist ein heißes Pflaster, aber die Erfolgsgeschichten kursieren und nähren die Träume derer, die es noch nicht geschafft haben.

Die in den Himmel ragenden Wolkenkratzer als Symbol für die menschliche Schöpfungskraft, auch für den Größenwahn vielleicht.

Das Faszinierende an dieser Stadt ist für mich eben diese Spannung, der „concrete jungle“, die Brüchigkeit der Träume, wie sie auch an 9/11 zutage trat.

10 Jahre später – und die Stadt lebt und pulsiert. Auch wenn der amerikanische Patriotismus nur schwer zu verstehen und manchmal zu ertragen ist – NY und der „Empire State of Mind“ sind für mich ein Sinnbild dafür, dass das Leben stärker ist als Hass und Tod, dass das Miteinander von Menschen unterschiedlicher Nationalität, Religion und Tradition möglich ist.

John Lennon Memorial

“One hand in the air for the big city,
Street lights, big dreams all looking pretty
No place in the world that can compare
Put your lighters in the air, everybody say yeah, yeah…”

Her mit dem schönen Leben: Wenn die Sonne schneit – F.R.

Nee, ich hab‘ mich nicht vertippt, wie vermutlich die Leute bei amazon und den Brahms-Noten – der Song von Rapper Fabian Römer alias F.R. aus seinem gerade erschienenen  Album „Ganz normaler Wahnsinn“ heißt wirklich so: “Wenn die Sonne schneit” – und spielt mit diesem paradoxen Bild.

Wie beurteilt F.R. die Situation?

„Wir haben zweitausendirgendwas, alles beim Alten, keine UFOs gelandet und keine Botschaft erhalten.  Keine Forschung mehr nötig und jeder Weg schon begangen.“

Kurz: es gibt nichts Neues  unter der Sonne. Die Wünsche und Fantasien sind auch die alten geblieben seit vielen  Jahrzehnten, die Menschen ändern sich nicht:

„Ey, ich wünsche mir ganz, ganz viel Geld. Kann ich das vom Schicksal verlangen, und ’ne hübsch zu betrachtende Frau, elegant, aber nicht zu verkrampft, ja, ja?“

Und ist sie dann da, dann folgt neuer Stress, Beziehungsstress, das alte Problem seit Adam und Eva – wie kann das klappen mit dem Zusammenleben und Verstehen?

„So ein Mist, dass ich dank Facebook nichts mehr in ihr’m Gesicht lesen kann, egal, sie gibt mir die Hand, „Du Frau, ich Mann, jetzt sind wir zusammen.“„

Tja, wenn’s so einfach wäre, einfach anzuklicken „gefällt mir“ und dann wär der Käse gegessen, alles rosarot.  Ist aber nicht:

„Alles gekriegt, aber richtig zufrieden damit bin ich nich‘ mehr so ganz. Ich will mehr, mehr als genug. Nur die Monotonie lässt es ehrlich nicht zu. Jede Farbe wird grau, ich schau‘ gar nicht mehr ‚raus.“

Damit nicht genug, manchmal schlägt das Schicksal oder wer immer so richtig zu und dann hat man nicht die passende Musik auf dem Ipod und da ist niemand, der das Leid mit dir teilt, weil du auch nichts von Bedeutung mehr mitteilst:

„Und jetzt zittern die Knie, wenn das Schicksal kommt, doch es will doch nur spielen, huh? So ein Mist, warum spielt dein iPod nur die Lieder, die dich noch tiefer zieh’n?… Du willst alles haben, alle Preise gewinn‘, noch nie war Teilen dein Ding – außer vielleicht mal ’nen Link.“

Die Monotonie ist endlos und langweilig. Nichts bringt dich aus der Ruhe:

„Dich grüßt täglich das Murmeltier, es sagt dir „Guten Tag“, selbst der ganz normale Wahnsinn ist wahnsinnig normal.“ 

Auch Gott, Glaube, Religion – alles keine Hilfe:

„Sie sagen, Gott wär‘ groß. Was soll das heißen? Dir gibt er ja noch nicht einmal ein klitzekleines Zeichen.“

Dabei wär das so schön und beruhigend, so ein Zeichen.

Aber dann gibt es auf einmal doch so etwas wie ein Zeichen, ein Wunder, eine unmögliche Möglichkeit:

„Und dann kannst du deinen Augen nich‘ trauen:
Die Welt rennt nach draußen, die Sonne schneit.
Alle Probleme lösen sich von allein.
Nichts, was uns aufhält, kommt vorbei,
wenn die Sonne schneit, wenn die Sonne schneit.“

Im Video zum Song werden die Höhlenmenschen durch das Sonnenlicht nach draußen gelockt und dort mit Natur, Farbe, Gerüchen, Bewegung und Wundern konfrontiert. Ob F.R. hier tatsächlich an Platons Höhlengleichnis denkt? Abitur hat er ja und hält er auch für sinnvoll, der Rapper und Pfarrerssohn – (für die hab‘ ich ’ne Schwäche…) -aus Braunschweig – wer weiß… 😉

Gibt es etwas, das uns aus unseren Höhlen  und von eingetretenen Wegen weglockt? Erwarten wir noch Wunder, Veränderungen in uns und anderen? Haben wir  Erwartungen an das Leben, die den „ganz normalen Wahnsinn“ unseres Alltags überschreiten?

Dass „die Sonne schneit“ ist nicht wirklich mein Traum, ich fänd’s ja  schon schön, wenn sie nur öfter scheinen würde, aber darum geht es ja eben – offen zu sein für das, was wir uns vielleicht gar nicht gewünscht haben und vorstellen können.

Wenn die Sonne schneit oder so etwas Wahnsinniges passiert, das wäre dann doch mal so ein  „klitzekleines Zeichen“, oder? 😉

Graffiti am Strand von Prora, Rügen