Gottes viele Gesichter: One of Us – Joan Osborne

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Joan Osbourne – One Of Us – MyVideo

Stell dir vor: du sitzt im Bus auf dem Weg  von der Arbeit nach Hause. Schräg gegenüber sitzt ein Typ, naja, du schwankst zwischen Mitleid und Unverständnis. Wie kann man sich nur so gehen lassen? Man muss ja nicht immer nach der neuesten Mode gekleidet sein– aber ein wenig kann man doch auf sein Äußeres achten. Eine Aktentasche hat der auch nicht dabei, wahrscheinlich arbeitslos, Hartz IV, also, das volle Programm läuft da ab in deinem Kopf. Man macht sich ja schnell ein Bild von anderen. Um dich herum wird munter telefoniert oder Musik gehört auf dem iPod. Manche unterhalten sich. Der Typ sieht schweigend aus dem Fenster. Er hat vielleicht kein Handy. Er sieht nicht glücklich aus.

Über so einen Typen singt Joan Osborne in ihrem Lied “One of Us“ (hier geht’s zu den Lyrics). Ich bin meinem Bloggerkollegen djbaroque sehr dankbar dafür, dass er mir durch sein Blog „My 2011 Musical Diary“ dieses Lied aus dem Jahr 1995 wieder in Erinnerung gerufen hat. Es geht um Gott. Um unser Gottesbild. Ist das vorstellbar, dass dieser Typ im Bus Gott ist – dieser eher unangenehme „slob“: “What if God was one of us, just a slob like one of us, just a stranger on the bus trying to make his way home”. Was, wenn Gott genauso ein Chaot, Lümmel, Tölpel, Nichtsnutz, ja, Waschlappen wäre wie viele von uns? Ein ganz gewöhnlicher Mensch auf dem Weg von der Arbeit nach Hause, ein einsamer Mensch sogar, dessen Adressenliste auf dem Handy nicht lang ist und der höchstens mal einen Anruf vom Papst bekommt- ok, immerhin! 😉 : “He’s trying to make his way home, back up to heaven all alone, nobody calling on the phone ‚cept for the Pope maybe in Rome“. Das widerspricht dem Gottesbild, das in vielen Traditionen der großen Weltreligionen hochgehalten wird. „God is great“ – das entspricht dem schon eher. Darin könnten sich Judentum,  Christentum und Islam wahrscheinlich wiederfinden, auch wenn es vielen Menschen heute immer schwerer fällt, an so einen Gott zu glauben. Fast beschwörend, wie um ihre Zweifel niederzusingen, wiederholt Joan Osborne diesen Vers immer wieder im Refrain: „yeah, yeah, God is great!“

Aber was wäre, wenn Gott gar nicht der hohe, erhabene allmächtige Herrscher des Himmels und der Erde wäre? Könnten wir mit so einem Gott etwas anfangen? Wollen wir so einen Gott? Einen, der nicht regiert, nicht alles regelt, nicht eingreift und unsere Probleme löst? Immerhin sitzt er vielleicht neben uns im überfüllten Bus. Man könnte ihn endlich mal Vieles fragen. Aber wollen wir das wirklich wissen? Wollen wir einem allmächtigen Gott begegnen und dann das ganze himmlische Gedankengebäude akzeptieren müssen: „and would you wanna see if seeing meant that you would have to believe in things like heaven and in Jesus and the Saints and all the prophets”.

Was wäre wenn…wir uns damit begnügen würden, Gott im anderen Menschen zu sehen? Dadurch bekäme jeder Mensch eine Würde, unabhängig von Alter, Aussehen, Können. Das wird sehr schön am Video zum Song deutlich. Eine etwas surreale Szene, eine Kirmes, ein Fotogag: Gott hat viele Gesichter – auch nicht nur schöne.

Wenn Religionen sich darauf konzentrieren würden, Gott im anderen zu sehen, gäbe es vielleicht weniger Streit, mehr Achtung, mehr Respekt und Toleranz. Nicht schlecht, oder?

Im Übrigen steht im Zentrum des Christentums eine solche Aussage: Gott  – einer von uns. Ein Wanderprediger, ein Radikaler, ein Frauenversteher, ein Partytyp, einer, der schon mal ausrastet, ein als Verbrecher Gekreuzigter. Er war auch nicht allen sympathisch. Haben wir Christen die Konsequenz dieser Aussage eigentlich begriffen? Sind wir bereit und in der Lage, in dem Typen im Bus ein Bild Gottes zu sehen? Und ob man darüber mit Vertretern des Islam reden kann? Ich denke, wir stehen da noch ganz am Anfang.

Im Übrigen ein interessanter Gedanke: was würdest du Gott fragen, wenn du ihm (oder ihr?) begegnen würdest?

Es gibt übrigens auch eine deutsche Version des Songs mit Klage Lage: (Dank an A.Ebel für den Hinweis!)

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Ein Lied in Moll über das Glück: What Happiness Means To Me – Amy Macdonald

Wieder ein Jahr älter… Zeit um innezuhalten, nachzudenken. Wie läuft es so in meinem Leben? Bin ich glücklich?  Tue ich, was ich mag, was ich kann? Was möchte ich noch erreichen, was wünsche ich mir? Ich werde das hier jetzt nicht alles verraten – nur soviel: Ja, ich bin glücklich, immer mal wieder. Ein paar Gedanken zum Glück anhand eines Liedes:“What happiness means to me” von Amy Macdonald aus ihrem Album “A Curious Thing” (2010). Die Lyrics findet ihr hier.

Happiness – Glück, aber ein Lied in Moll, nachdenklich, ruhig, auch ein bisschen traurig: “Maybe in the end we would cry …And the tears did fill my eyes, and the memories they all had passed”. Eine (Liebes-) Beziehung ist zu Ende gegangen: “Will I ever see your face again ? Will I ever touch your skin?” Also Grund genug, un-glücklich zu sein, zu klagen. Sie hat ihm vertraut, ihm jedes Wort geglaubt: “But I believe in every book I’ve ever read and what you said“. Grund genug, ihm Vorwürfe zu machen. Aber nichts von alledem geschieht. Das gefällt mir. Das, was gewesen ist, macht sie glücklich, die Erinnerung, das Gute und Schöne. Das bedeutet “Happiness” für sie. Kann es sein, dass das ein Schlüssel zum „Glück“ ist – zu sehen, was mir Gutes begegnet ist, auch wenn es nicht von Dauer ist- „ I’ll never stop loving everything you do – but not me and you“? Ich klammere mich an das Gelingen, das Glück, das doch bitte ewig sein soll. Das ist es aber nie, oder? Das Glück kommt immer mal wieder vorbei. Es ist schwer zu fassen und festzuhalten.

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Die vielen Momente machen ein glückliches Leben aus. Sie zu sehen und dafür dankbar sein macht glücklich. Das kann man angeblich sogar lernen, behauptet Dr. Stefan Klein in seinem Buch „Die Glücksformel“. Wie gehe ich um mit dem, was mir zustößt? Wie behandele ich meine Erinnerungen? Darauf habe ich durchaus einen gewissen Einfluss und so gesehen auch auf meine Fähigkeit, glücklich zu sein.
This is what happiness means to me“ – ich bin glücklich, denn ich könnte eine lange Liste schreiben, mit Menschen und Dingen, Ereignissen, Träumen, Plänen, Erinnerungen, die  mich glücklich machen. Dabei sind auch Ereignisse, die mich zum damaligen Zeitpunkt traurig gemacht haben. Ich bin aber froh, dass ich sie erlebt habe. Sie haben mich schließlich zu der gemacht, die ich jetzt bin. Gut so.

Wie geht’s euch damit? Kann ein „trauriges“ Lied überzeugend vom Glück singen? Können euch auch traurige Erinnerungen glücklich machen? Dann gefällt euch der Song von Amy Macdonald ja vielleicht auch. 😉

Wenn jetzt Sommer wär‘ – Ingo Pohlmann

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Pohlmann. – Wenn jetzt Sommer wär – MyVideo

Lyrics zum Lied findet ihr hier.

Ja, wenn jetzt Sommer wär‘…ist aber nicht. In ganz Deutschland schneit es, die Temperaturen gehen drastisch zurück. Das Wetter ist Thema Nummer eins, egal wo man hinschaut.
Da kam mir Ingo Pohlmanns Gute-Laune-Lied „Wenn jetzt Sommer wär“ und das dazu gehörige originelle Video mit der „Winterversion“ gerade recht. Das möchte ich euch nicht vorenthalten, es macht einfach Spaß.Hier geht es natürlich auch ums Wetter. Und der Text ist überhaupt nicht schwer zu verstehen und bedarf keiner weiteren Erklärung. Sommer, das heißt: Fahrradfahren, ab ins Freibad oder ans Meer, Eis auf der Zunge und nicht unter den Füßen, Jack Johnson im Ohr, gute Laune pur!
Die Botschaft des Songs liegt im Refrain: „Und wenn bei dir jetzt gerade Sommer ist und du zu Hause sitzt und nicht rausgehst, weil du mal wieder vorm TV klebst, dann denke daran, wenn der Tag dich verliert, dass sich das Wetter ändern wird.“
Ein Gruß aus der Nordhalbkugel an die Südhalbkugel (Hallo Australien, hallo Bondi Beach!), wo jetzt der Sommer bald beginnt. Eine Erinnerung daran, dass das Leben sich woanders abspielt als vor dem Fernseher oder Computer.. Kennen wir ja, diese Ermahnung, und ignorieren sie nur allzu gerne – weil sich dort ja auch eine Art von Leben abspielt, nicht wahr?
Dennoch, mit diesem ganz und gar nicht moralisierenden Lied von der verpassten Chance lasse ich mich gerne dazu ermuntern, das Leben vor meiner Haustür wahrzunehmen, damit der „Tag mich nicht verliert“ und ich ihn nicht.
Das Schöne an diesem Song ist aber, dass er nicht jammert, dass er nicht einfach nur das, was nicht ist (und momentan nun mal nicht sein kann!) beklagt. Auch der Winter macht Spaß, kennt seine outdoor-Vergnügen (neben den sowieso geschätzten Vergnügen wie Kerzen, Kamin, Lebkuchen). Schnee und Eis sind kein Grund, vor dem Fernseher zu kleben. Auch in der kalten Jahreszeit kann ein Tag „mich verlieren“, wenn ich mich nicht blicken lasse.
Also, ab aufs Eis, ab in den Wald, ab auf die Piste, was auch immer.
Dass sich das Wetter ändern wird“, ist eh klar. Finde ich auch gut so. Ich bin ein Sommertyp, definitiv. Auf den kann ich schwerer verzichten als auf den Winter. Den habe ich 7 Jahre lang in Australien nicht vermisst, gar nicht!
Aber so wie in diesem Video, in diesem Song, lasse ich mir den Winterwind gern mal um die Ohren und um die Nase wehen.
Viel Spaß und „Grüße aus dem Winter an alle Sommerkinder!

Das Leben in Farbe: Red Song – Hey Rosetta


Lyrics findet ihr hier.

Ich liebe Farben. Buntstifte, Stoffe, buntes Papier. Vielleicht hat mich der Titel „Red Song“ deshalb gleich angesprochen.

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Hey Rosetta, eine Indie-Rock-Band aus Kanada, kann in den Charts nicht mit Lady GaGa konkurrieren, aber was heißt das schon… Red Song aus dem Jahr 2009 ist ein sehr poetisches, ruhiges Lied. Es lohnt sich, da mal näher hinzusehen.

Ein Lied voller Farben, voller Symbole. Nicht alle völlig verständlich, manches mehrdeutig, fast träumerisch. Aber das ist wohl Absicht: „Kind of a love song, kind of a sleeping song, kind of a Joseph song” – so beschreibt Sänger Tim Baker es selbst in einem Interview.

In the white I wake up, in the white I die“ – Weiß, Anfang und Ende, Farbe der Unschuld. Am Anfang ist alles möglich, am Ende alles vollbracht. In Weiß sind alle anderen Farben enthalten.

Aber dann kommt Farbe ins Spiel, die Farbe, die dem Lied den Namen gibt: „somewhere in the red I see your eyes“. Rot ist Liebe, Wärme. Leidenschaft. Rot zieht sich wie ein roter Faden durch den Song, wie eine Art Refrain. „Somewhere in the red, I have your lips…somewhere in the red I taste your skin“. Die Liebe als roter Faden, als Halt, als Refrain im Leben. Schön!

Aber es wird noch bunter im Red Song: „In the green I‘m out walking, and in the green I live”. Grün,  das ist Natur, meine Welt, Wälder und Wiesen, Heimat. Grün ist Geborgenheit, Hoffnung, Alltag.

Das Blau ist dynamischer, kraftvoller hier: „In the blue I’m rising like an ocean”, aber auch gefahrvoller: “ and in the blue it’s down, I sail…“ Blau ist das Meer, die Sehnsucht nach Ferne und Fremdem und Abenteuer, Blau ist das Göttliche, das Herausfordernde.

Dazwischen ein neues Thema: „I dream of a cloud, I dream of you“. Träume kommen ins Spiel und eine Geschichte neben der Liebesgeschichte, aber eigentlich auch eine Liebesgeschichte.

Joseph, der Träumer, der Israelit, der die Träume des Pharao deutet, der von fetten und dürren Jahren träumt, nachzulesen in der Bibel in 1.Mos 37-50: „…his eyes wrappes in all these dreams“.

Joseph ist beliebt: „the girls loved his face and could not look away“, die Frau seines Chefs will ihn verführen. Aber er hat nur Augen für seine Träume.

Joseph bekam als Lieblingssohn einen bunten Mantel vom Vater geschenkt. Seine eifersüchtigen Brüder verkaufen ihn nach Ägypten und schicken dem Vater den blutverschmierten Mantel. Er soll denken, Joseph sei getötet worden: …“coloured cloth in autumn gray…covered with bloody stains“. Hier ist das Rot Farbe der Gewalt, das Leben hat auch Graustufen. Es gibt kein Leben, vielleicht auch keine Liebe ohne Schmerz. Aber es gibt wieder neue Liebe nach dem Schmerz – eine Lebenserfahrung, die hilft zu überleben: „… without the pain we learn to love again“. Auch in der Josephsgeschichte kommt nach dem Schmerz und der Trennung die Vergebung, das Wiedersehen mit dem Vater und den Brüdern.

Dann noch eine letzte Farbe, Un-farbe eigentlich: „in the black I feel you, in the black I sense“. Schwarz ist der Tod, das Ende. Oder doch nicht – I feel, I sense? Es geht weiter, auch im Schwarz. Ist Liebe stärker als der Tod? „Somewhere in the red the colours end“. Nicht im Schwarz enden die Farben, endet das Leben, sondern im Rot, in der Liebe.

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Das kann und muss jede/r für sich deuten.
Führt die Liebe ins Schwarze, in den Schmerz, in das Ende? Hat sie keinen Bestand? Oder hilft sie uns durch das Schwarz hindurch? Kann die Liebe alles in sich aufnehmen, alle Farben, alle Erfahrungen? Ist sie das Größte, Letzte?

Ich hoffe es.

Viele Fragen bleiben offen. Was meint ihr? Was sagt euch das Lied? Würde mich interessieren…