Ich war’s nicht! Cookie Jar – Jack Johnson

Die Lösung ist so alt wie die Menschheit. „Ich war’s nicht“, sagt Adam zu Gott – „die Frau, die du mir gegeben hast, Eva, die hat mir die Frucht gegeben“. Und die Frau verteidigt sich: „Die Schlange hat mich verführt, die ist schuld“. So geschehen im Paradies und immer wieder, bis heute. Das ist offenbar eine der schwersten Übungen, zu sagen: „Ich war’s“, ich habe Mist gebaut, mea culpa!“
Jack Johnson steht eigentlich für Sonne, Strand, Surfen – man erwartet keine tiefschürfenden Botschaften von ihm – und doch, der Mann hat ‘was zu sagen! Hinter dem harmlos klingenden Titel „Cookie Jar“ (Lyrics gibt’s hier) verbirgt sich ein Song mit Tiefgang.
Ausgehend vom technischen Wunder des Stummfilms – „It was magic at first, when they spoke without sound” – kommt er zu der Überzeugung, dass es besser wäre, den Fernseher heute auszuschalten, denn er versteht die Welt nicht mehr, die sich ihm da bietet: „But now this world is gonna hurt, you better turn that thing down, turn it down.“
Es folgt eine Reihe von Entschuldigungs-Szenen. „Well it wasn’t me“, says the boy with the gun, “sure I pulled the trigger but it needed to be done”. Der (jugendliche?) Amokschütze verteidigt sich: Ich bin zu jung, um Verantwortung zu übernehmen, ich bin ein Opfer meiner Erziehung, der Gesellschaft, meiner Sozialisation: „because life’s been killin‘ me ever since it begun, you can’t blame me ‚cause I’m too young.
Die nächsten in der Linie sind die Eltern. Sind sie schuld? Was haben sie dazu beigetragen?
I didn’t teach him to pull the trigger of the gun.
It’s the killing on his TV screen.
You can’t blame me, it’s those images he sees”, sagt der Vater.
Das TV ist schuld, all die Krimis und Horrorfilme, Berichte über Krieg und Verbrechen. Die Leute bekommen ja nichts anderes zu sehen.
Die so Angesprochenen wehren sich: die Medien zeigen doch nur, was die Leute sehen wollen – der Konsument bestimmt, was ins Programm kommt: „and I just point my camera what the people wanna see.“ Ist das so?

Musik- und Filmindustrie weisen alle Vorwürfe zurück. Ist doch alles nur Unterhaltung, nicht ernst gemeint. Jeder sieht doch, dass das Blut nicht echt ist und die Wunden nur Maske sind: “It’s only entertainment and as anyone can see it’s smoke machines and make-up, man, you can’t fool me.”
Die Sachlage ist sicherlich kompliziert. Hier geht es ja gerade NICHT um die leere Keksdose („cookie jar“) und die Frage, wer den letzten Keks oder die Kokosnuss geklaut hat. Das lässt sich unter Umständen noch recht leicht rekonstruieren.
Das Beispiel Amoklauf zeigt: es gibt immer mehrere Begründungszusammenhänge. Aber wenn es immer nur die anderen sind, die schuld sind, dann ist etwas faul.
Was wäre hilfreich? Vielleicht erst einmal eingestehen: wir sind alle beteiligt –
It was you, it was me, it was every man. We all got the blood on our hands.”
Wir ernten, was wir säen: “We only receive what we demand and if we want hell then hell is what we’ll have.” Das lässt sich an beliebig vielen Beispielen aufzeigen. Ich kann mich nicht über Atomkraft aufregen, ohne über meinen eigenen Energieverbrauch und meine Ansprüche nachzudenken.
Viele Leute beteiligen sich zur Zeit an Fastenaktionen wie der Aktion 7 Wochen ohne der Evangelischen Kirche – zum Beispiel 7 Wochen ohne Alkohol, Süßes oder Kaffee. Eine Möglichkeit: 7 Wochen ohne Ausreden! Auf Youtube findet man da einige Anregungen, Werbespots, die auch im TV laufen (ist also nicht alles schlecht!), zum Beispiel dieser hier:

Zu sagen: „Ich war’s“ kann auch ganz schön entlastend sein. Ich probier‘ es mal aus! 😉

Ganz schön clever? Never say Never – Justin Bieber

JUSTIN BIEBER and JADEN SMITH „Never Say Never“ from ISAAC HAGY on Vimeo.

Als ich verkündete, ich wolle Justin Bieber’s Song „Never Say Never“ (Lyrics findet ihr hier) mal im Blog unter die Lupe nehmen, sagten meine Söhne einstimmig: NEVER! Sie sind eben keine 12jährigen Mädchen und weigerten sich regelrecht, mir bei der Übersetzung einiger mir unverständlicher Passagen zu helfen…(ja, die gab es erstaunlicherweise!) Aber ich kenne nun mal keine musikalischen Tabus 😉 und war neugierig auf das Phänomen JB. An ihm scheiden sich ja wirklich die Geister: hysterische Bewunderung oder abgrundtiefe Verachtung, dazwischen gibt es nichts. Die psychologischen Hintergründe wären mal eine Untersuchung wert. Aber hier soll es ja um einen Songtext gehen.
Der Titel von Lied und Kinofilm ist ja nicht sonderlich originell. Jede Menge KünstlerInnen vor ihm haben sich an diesem Titel versucht, u.a. Alias, Kim Wilde, The Fray und Jennifer Rush. Ich musste natürlich auch an den James-Bond-Film „ Never say never again“ mit Sean Connery denken.
Sag niemals nie – das ist eine Lebensweisheit, die sicherlich viele unterstreichen können. Man mag zu Justin Bieber als Künstler oder kommerziellem Produkt stehen wie man will. Seine bisherige, noch relativ kurze Lebensgeschichte liest sich in der Tat wie eine Illustration dieses Slogans.
Seine Botschaft: du kannst es schaffen, lass dich nicht unterkriegen. „See, I never thought that I could walk through fire. I never thought that I could take the burn.”
Das wollen Teenager gerne hören. “ I never thought I could feel this power.
I never thought that I could feel this free. I’m strong enough to climb the highest tower and I’m fast enough to run across the sea.
Das ist ja auch besser als: Du schaffst das nie. Ermutigende Pädagogik, das lernt man doch heute als Eltern und LehrerInnen.
Als Beispiel dient im Video die Geschichte Karate Kids (2010) , im neuesten Film dargestellt von Jaden Smith, der Bieber in diesem Song begleitet. In seinen Worten finden bestimmt viele ihre Erfahrungen wieder: der Andere ist größer und stärker als ich. „Now he’s bigger than me, taller than me. And he’s older than me and stronger than me. And his arms a little bit longer than me.”
Aber er hat Justin Bieber an seiner Seite –„but he ain’t on a JB song with me!” – und das gibt ihm ungeahnte Kräfte. Die Bilder, die hier zum Einsatz kommen, lassen uns Erwachsene schon etwas die Stirn runzeln, aber hey, für uns ist dieser Song ja auch nicht bestimmt! „Like Luke with the force, when push comes to shove. Like Kobe with the 4th, ice water with blood.” So wie Luke Skywalker wenn es hart auf hart kommt, die “Macht” an seiner Seite hat und Kobe Bryant seinem Basketballteam kaltblütig im letzten Viertel die zum Sieg erforderlichen Punkte verschafft, so sollen sich die Kids durch Biebers Song (und seine Person?) ermutigt fühlen. Da werden sogar biblische Vergleiche herangezogen: „Like David and Goliath, I conquered the giant.“
Jaden Smith singt im weiteren Verlauf (nettes Wortspiel!): „No pun intended, was raised by the power of Will…. I was born from two stars, so the moon’s where I land.” Ganz schön selbstbewusst, der Junge, Kind der berühmten Star-Eltern Will Smith und Jada Pinkett Smith. Da kann man schon mal davon phantasieren, auf dem Mond zu landen…
I gotta be the best, and yes, we’re the flyest… I will never say never! (I will fight) I will fight till forever! (make it right)” – immer der Beste sein, der Stärkste, der Coolste, nie aufgeben – daraus werden die Stars heutzutage gemacht. Und daran scheitern auch ganz viele. Was, wenn der Traum nicht wahr wird? Wenn ich immer Mittelmaß sein werde? Wenn ich nicht aus einer berühmten Familie komme (wie die meisten von uns…)? Kann ich dann nicht glücklich sein, meinen Weg gehen?
Auch mal schwach sein, Fehler machen, hinfallen – das gehört auch zum Leben dazu. Clever zu sein heißt auch, damit umgehen zu können. Das muss einer wie Justin Bieber wahrscheinlich erst noch lernen. Vielleicht findet er dafür ja noch Worte und Melodien in seiner künstlerischen Karriere, wer weiß. Er ist ja noch jung.
Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich mal mit Justin Bieber näher befassen werde…ganz schön clever, sein Ratschlag: „Never say never!“ 😉

Loslassen können ? The Flood – Katie Melua

Katie Melua – The Flood from Dramatico on Vimeo.   Die Lyrics gibt es hier.

Es ist schon merkwürdig: um die Auswahl von Liedern in meinem Blog muss ich mir gar nicht so viele Gedanken machen. Irgendwie ergibt sich das in letzter Zeit immer. Dinge passieren – und dann begegnet mir ein Lied. Jetzt sind schreckliche Dinge passiert. Erdbeben der Stärke 9.0 in Japan, Tsunami mit Bildern, die einem Hollywood-Horrorszenario in nichts nachstehen – und dann auch noch der vermutliche atomare GAU.

The Flood“ von Katie Melua ist bereits 2010 erschienen. Interessant, dass der Refrain ein Motiv aufnimmt, das immer wieder gern im Zusammenhang mit Naturkatastrophen aufkommt: Wer ist schuld? Bei der Katastrophe in Japan habe ich zum Glück noch nicht solche Stimmen gehört, die ein menschliches Fehlverhalten für ein angeblich göttliches Strafgericht verantwortlich machen.
No one is to blame. As natural as the rain that falls – here comes the flood again,” singt Katie Melua im Refrain ihres Liedes. Fluten, Erdbeben, Vulkanausbrüche, die sind nicht menschengemacht und man kann niemanden dafür anklagen – “höhere Gewalt” eben. Angesichts solcher Katastrophen sind wir hilflos, eben weil wir niemanden verantwortlich machen können, weil wir das nicht politisch ausnutzen können, weil die Not so groß ist und wir nicht direkt helfen können. Wie gesagt, Hollywood –Albträume werden plötzlich wahr und wir sind hin und her gerissen zwischen Sensationsgier und Mitleid.

Auch wenn das Erdbeben weit weg ist, der Boden schwankt unter unseren Füßen, auch wenn es nur für einen Moment ist: „What I thought was my way home wasn’t the place I know… Certain, nothing’s certain.” Wir hängen an dem, was uns gehört, was unser Leben ausmacht: “ What we own becomes our prison …My possessions will be gone, back to where they came from” – angesichts der Bilder von Menschen, die alles verloren haben, was sie besaßen, fragen wir uns: was brauchen wir eigentlich, woran hängt unser Herz, was wäre wenn WIR das alles verlieren würden? Melua geht soweit, sich manchmal offenbar sogar zu wünschen, die Sicherheit des Alltags, das Gefühl, alles reparieren zu können und im Griff zu haben, würde einmal ins Wanken geraten: „Broken people get recycled and I hope that I will sometimes be thrown off the pathways.
Woran halten wir uns fest, was gibt uns Halt – und hält das auch in einer Krisensituation?
See the rock that you hold onto. Is it gonna save you when the earth begins to crumble?” Das muss jede/r für sich selber entscheiden, was das ist oder sein könnte: ein Glaube, eine Überzeugung, andere Menschen, eine Aufgabe…?
Vielleicht ist es auch manchmal gut, loszulassen:
Flush away the weight that pulls you down, light the ways that freed from the dust. Why’d you feel you have to hold on? Imagine if you let go…” Je mehr wir uns an Dinge, Überzeugungen, “must haves” klammern, umso mehr haben wir zu verlieren, umso mehr wirft uns eine Krise aus der Bahn.
Ist das ein Trost: „That you can leave your prison…?” In welchem Gefängnis bin ich gefangen, was ist meine Angst?
Wichtig ist: „No one is to blame“. Das Chaos bricht einfach herein in unser geordnetes Leben, ungefragt. Die Natur hat ihre eigenen Gesetze: „Feel the ancient rhythm… don’t trust your eyes.” Der scheinbar sichere Boden unter unseren Füßen ist eine dünne Erdkruste über flüssigem Feuer.

Das Piano in Katies Video steht auf schwankendem Boden und wird zum Spielball der Naturgesetze. Das Männerballett ist schön anzusehen – vielleicht kann mir jemand den tieferen Sinn erklären, ich bin noch nicht dahinter gekommen ;-)….
Übrigens: das Problem mit den Atomkraftwerken liegt etwas anders: das IST von Menschen gemacht, da gibt es Leute, die verantwortlich sind. Diese Katastrophen wären vermeidbar, wenn wir es nur wollten…

An alle Mädchen: Ihr seid – F**kin’ Perfect – Pink

Heute, am 8.März, ist Weltfrauentag. Da passt dieses Lied gut. Ein Lied von einer Frau über eine Frau und die Geschichte einer weiblichen Kindheit. Begleitet wird  der Song von einem  Video, das die im Lied angedeutete Problematik recht drastisch bebildert – so drastisch, dass es inzwischen offenbar auch eine „clean version“ ohne Sex und blutverschmierte Rasierklinge gibt, für den amerikanischen Markt….(?). Falls ihr Probleme habt, das Video abzuspielen, findet ihr es auch auf Pink’s Website. Die Lyrics mit Übersetzung gibt es hier.

Es geht um eine junge Frau, ihr zerstörerisches Selbstbild und mangelndes Selbstvertrauen: „You’re so mean, when you talk about yourself, you were wrong Filled with so much hatred…such a tired game”. Dieser Hass auf sich selbst führt oft genug zu den im Film gezeigten Verzweiflungshandlungen bei jungen Mädchen und Frauen: Magersucht und Bulimie, Ritzen und, als scheinbar letzen Ausweg: Suizid. „Mistreated, misplaced, misunderstood”, so fühlen sich diese jungen Frauen – und dieses Gefühl hat meistens eine lange Geschichte, die schon in der frühen Kindheit anfängt. Das kleine Mädchen im Film wird im Kindergarten geärgert – und noch ausgeschimpft, als es sich zur Wehr setzt. Die Mutter nörgelt an der Pubertierenden herum, der Zickenkrieg im Teenie-Alter um die „perfekte Figur“ führt zu Magersucht. Pink hat eine Botschaft an diese jungen Mädchen und Frauen: “Oh, pretty pretty please, don’t you ever ever feel like you’re less than f**kin‘ perfect. Pretty pretty please, if you ever ever feel like you’re nothing: You’re f**kin‘ perfect to me.”

Angeblich weiß die Sängerin, wovon sie spricht: “Made a wrong turn, once or twice.Dug my way out, blood and fire. Bad decisions, that’s alright – welcome to my silly life.

Es geht eben nicht darum, alles richtig zu machen im Leben, es den Kritikern recht zu machen, denn das kann sie sowieso nicht:  “Done looking for the critics, cause they’re everywhere. They dont like my jeans, they don’t get my hair. Exchange ourselves, and we do it all the time. Why do we do that? Why do I do that?” Warum sind wir nicht wir selbst?

It’s enough! I’ve done all I can think of, chased down all my demons”. Es ist eine Art Besessenheit, und viele Mädchen kommen da nicht alleine heraus. Manchen hilft es, von anderen die Ermutigung zu bekommen: „You are perfect“. Manche entdecken, was sie können, ihre Talente, wie die junge Frau im Videoclip ihr Maltalent. Vielen hilft nur eine Therapie. Es geht um tief sitzende Ängste : “The whole world’s scared, so I swallow the fear”. Herunterschlucken ist keine Lösung, denn dann setzt sich der Teufelskreis fort. Die junge Frau im Video durchbricht ihn. Die Rahmenhandlung zeigt sie als junge Mutter eines Mädchens. Am Ende flüstert sie ihrer Tochter zu: „You are perfect to me“ – auf diesen Satz hat sie selbst lange warten müssen.

Ein eingängiger,  musikalisch sicherlich nicht besonders anspruchsvoller Song mit einer wichtigen Botschaft: versuch nicht,  jemand anderes zu werden. Suche nach deinen eigenen Stärken und Fähigkeiten. Dir wurde das Leben geschenkt, also bist du liebens-wert. Das gilt sicherlich auch für Jungen. Auch die brauchen Ermutigung – in Zeiten stärker werdender  Frauen vielleicht sogar wieder vermehrt, was meint ihr? Aber heute ist nun mal Weltfrauentag: Also: Ein Hoch auf die Mädchen!