Wir sind das Volk? We are the people – Empire Of The Sun

Lyrics findet ihr hier. Das offizielle Video (unbedingt ansehen!) gibt’s hier. For English version look here.

Eine Telefongesellschaft verhalf diesem Song des australischen Musikprojektes “Empire Of The Sun” aus dem Jahr 2008 in die Top Charts. Die Werbung ist gut gemacht: Junge Menschen suchen und finden die Liebe im Dschungel der Großstadt. Ohne Smartphone geht eigentlich gar nichts mehr. „We are the people that rule the world. A force running in every boy and girl, all rejoicing in the world. Take me now  – we can try.” Das Lebensgefühl einer Generation: genießen, Spaß haben, bestimmen wo es langgeht, leben im Jetzt. Aber auch: Erinnerung an vergangene (schöne) Zeiten: Abenteuer, Sommer, füreinander da sein, sich verlieben, bevor es zu spät ist:  „The feeling was stronger. The shock hit eleven, got lost in your eyes.

Eine Jahreszahl wird erwähnt: 1975. Das hat die Smartphone-Generation ja nicht mehr erlebt. Was war da noch einmal? Ende des Vietnamkrieges und des Franco-Regimes in Spanien, Unterzeichnung des KSZE-Abkommens – ein Schritt Richtung Abrüstung. Aber auch Unruhen im Libanon, RAF-Terror in Deutschland. Ein Jahr des Umbruchs und Aufbruchs. Vielleicht ist etwas davon spürbar am Anfang des Songs: „We can remember swimming in December, heading for the city lights in 1975. We share in each other, nearer than farther, the scent of a lemon drips from your eyes.” Hippie-feeling?

Auf den ersten Blick handelt es sich aber um ein Liebeslied. Es geht um den Rückblick auf eine Beziehung, auf bessere Zeiten und die Angst, dass es zu  Ende gehen könnte: „Are you gonna leave me now? Can’t you be believing now?”

Dieser Refrain wird sehr oft wiederholt, beinahe schon langweilig, aber auch irgendwie fast beschwörend:“ Can’t you be believing now?” Nur – was sollen wir glauben: an die Liebe, die Macht des Volkes, die Macht der Musik?

So weit, so gut oder belanglos – wie man’s nimmt.

Aber da ist ja auch noch das offizielle Video, wirklich sehenswert. Völlig durchgeknallt,

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bunt, absurd. Es wurde in Mexiko gedreht und nimmt geschichtliche und religiöse Motive auf, in einem wilden Mix: der aztekische Kalender wird durch die Wüste geschleppt und taucht später in einem Urwald-Setting wieder auf. Auf der Suche nach der „Göttin“ kommen sie an einem Brunnengräber vorbei, der aber eigentlich ihr Grab schaufelt, das bereits mit den Totenblumen geschmückt ist. Die „Göttin“ entführt die beiden in ein lebensrettendes Wasserparadies im Dschungel, wo  sie meditierend „zu sich selbst finden“. Dann finden sie sich aber in einer Totentag-Prozession wieder, die Göttin trägt eine Totenmaske. Plötzlich ein Schnitt: die beiden Gestalten liegen (tot, verdurstet?) in der Wüste. War das Ganze nur ein Traum, eine Fata Morgana? Nicht SIE singen am Ende „We are the People“, es ist der undurchsichtige Beobachter am Rande, der schon zu Beginn auftauchte, der übrigbleibt als „das Volk“.

Die Liebesgeschichte der Lyrics bekommt hier eine pseudo-esoterisch-religiöse Dimension, vielleicht sogar politische Konnotationen. „We are the people“ erinnert an die ersten Worte der amerikanischen Verfassung (We the people…)  und uns Deutsche erinnert es natürlich an die „Wir sind das Volk“- Bewegung im Osten des Landes.

Also ein Song, den man einfach so mitsingen kann, zu dem man tanzen kann, der aber auch tiefergehende Gedanken erlaubt, ganz wie man will.

Die Telefongesellschaft verspricht in seinem Werbespot „power to you“. Aber wer hat die Macht? Das Volk, die Politiker, die Banken, die Telefongesellschaften? 😉 Wer weiß  etwas über mich, über dich, über uns?  “I know everything about you. You know everything about me. We know everything about us.” Wasser ist Leben, so predigt das Video, das wissen wir auch und tun doch so, als wüssten wir’s nicht. Wir schaufeln unser eigenes Grab und tanzen unseren eigenen Totentanz.

Könnte man drüber nachdenken. Aber vielleicht lege ich wieder viel zu viel hinein in dieses Lied und das Video. Was meint ihr?

J.S.Bach oder Coldplay? Christmas Lights – Coldplay

Ein Video mit Lyrics gibt es hier. Das offizielle Video findet ihr hier. English version here.

Weihnachten steht vor der Tür. Jetzt muss noch ein Weihnachtslied für das Blog her… Coldplay oder J.S.Bach – das ist hier die Frage!

Es gibt so viele schöne Weihnachtslieder…so viele schöne alte, wie O du Fröhliche, Vom Himmel hoch… Auch die englischen Carols habe ich in meiner Australienzeit lieben gelernt: O Holy Night, Noel Noel, Away in a manger… Mein Lieblingslied ist „Ich steh an deiner Krippen hier“, geschrieben 1653, vertont von J.S.Bach . So Alt. So schön. So gehaltvoll. „O dass mein Sinn ein Abgrund wär und meine Seel ein weites Meer, dass ich dich könnte fassen…“ (EG 37)
Aber darüber ist schon so viel gesagt worden. Heute gibt es ja auch neue Lieder. Jede Zeit hat ihre Weihnachtslieder. Sagen die etwas aus über die Menschen ihrer Zeit, über ihre, unsere Art, Weihnachten zu feiern?

Die britische Gruppe Coldplay hat dieser Tage einen Weihnachts-Song veröffentlicht: „Christmals Lights“. Die Melodie klingt vertraut, die Stimmen natürlich auch, Coldplay eben. Was ist mit dem Text? Was sagt er über Weihnachten?
Es fängt ja gar nicht gut an:
Christmas night, another fight
Tears we cried a flood
Got all kinds of poisoning,
of poison in my blood.”
Klingt das bekannt? Weihnachtsnacht – und es kracht. Die Statistik gibt ihnen recht. So viele überhöhte Erwartungen an das „Fest der Familie“, das kann schon mal schiefgehen. Da fließen dann die Tränen. Das Gift, das sich angesammelt hat, macht sich bemerkbar. Was hilft? Abstand nehmen, weggehen?
I took my feet
To Oxford Street
Trying to right a wrong
Just walk away
Those windows say
But I can’t believe she’s gone.
Oxford Street mit seinen Schaufenstern und Lichtern helfen nicht weiter. Das Unrecht kann nicht so einfach wiedergutgemacht werden. Sie ist gegangen.
Like some drunken Elvis singing
I go singing out of tune
Saying how I always loved you darling
And I always will.”
Er liebt sie und wird sie immer lieben, sie ihn aber nicht – das alte Lied, ein wenig „out of tune“ gesungen, aber auch bekannt, oder?
But I’m up here holding on
To all those chandeliers of hope”.
Er klammert sich an die Hoffnung, die Lichter, die Kerzen. Aber was fehlt, ist das „weihnachtliche Gefühl“ – dazu gehört offenbar Schnee, zumindest in unseren nördlichen Breitengraden. Immerhin: “Those Christmas lights light up the street.” Und das tun sie ja in unseren Städten – Städte ohne Weihnachtsbeleuchtung sind  heute wirklich nicht vorstellbar, sowenig wie Häuser ohne Kerzen und Lichter. Sie stehen in diesem Lied für die Hoffnung – ganz real, dass die Liebe zurückkommt, dass alle Sorge ein Ende hat.
Those Christmas lights
Light up the street
Maybe they’ll bring her back to me
Then all my troubles will be gone
Oh Christmas lights keep shining on.”

Weihnachten a la Coldplay – das ist:  Musik, Schnee, Lichter und die Hoffnung auf Versöhnung. Immerhin. Kommt mir bekannt vor. Das ist sozusagen der kleinste gemeinsame Nenner, mit dem man heute noch Weihnachten feiern kann, das Fest der Familie, der Versöhnung, der Geschenke. Christmas ohne Christus – geht auch, natürlich, und wird für viele immer mehr zur Alternative. Christen haben das Fest längst nicht mehr für sich gepachtet.

Ich feiere auch gerne Weihnachten, mit der Familie, mit Geschenken, mit echten Kerzen am Tannenbaum. Aber ich glaube, ich bleibe bei „Ich steh an deiner Krippen hier“ und „O du fröhliche“ zum Mitsingen. Da steckt einfach viel mehr drin: „Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne, die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und Wonne. O Sonne, die das werte Licht des Glaubens in mir zugericht, wie schön sind deine Strahlen!“ (EG 37,3) – denn: „Jesus is the reason for the season“, eigentlich.

Coldplay hör ich mir dann auf 1LIVE im Radio auch ganz gerne an – beim Autofahren… 😉

Frohe und friedliche Weihnachten wünsche ich allen – wie und warum auch immer ihr es feiert!

Wünsch‘ dir ‚was! Airplanes – B.o.B./Hayley Williams

Den Song kann man hier hören und die Lyrics findet ihr hier

English version click here

„Airplanes“ ist schon mal ein guter Titel – für mich jedenfalls. Ich fliege gerne. Flugzeuge stehen für Wunder der Technik, Erfolg, Ferne, Abenteuer, den Traum von der großen, weiten Welt.

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Und um Träume geht es hier in diesem Song von B.o.B. „Lasst uns mal so tun als ob Flugzeuge Sternschnuppen wären…“ Wenn ich eine Sternschnuppe sehe, darf ich mir ‘was wünschen: „Can we pretend that airplanes in the night sky are like shooting stars.
I could really use a wish right now…“

Damit ist das Thema des Songs klar: Träume, Wünsche, Ziele und das Zerplatzen derselben.

Das Lied „Airplanes“ lebt von Gegensätzen. Mann-Frau, schwarz-weiß (B.o.B: und Hayley Williams), melodischer Pop im Refrain und schneller Rap in den Strophen.

Vom dunklen Nachthimmel geht’s auf die Bühne des Erfolgs. „After all the partyin’ and smashin’ and crashin’, and all the glitz and the glam and the fashion and all the pandemonium and all the madness
– Momentaufnahmen aus dem Leben des Superstars, aufregend, bunt, laut, hektisch.

Und dann der Absturz: „you fade to the blackness“ – du verblasst, löst dich auf in Dunkelheit. Auch hier wieder das Spiel mit Kontrasten.  Klassische Szene, Albtraum eines Künstlers: du wartest auf den nächsten Anruf, das nächste Engagement – und das Telefon bleibt stumm – „and when you’re staring at that phone in your lap and you hoping but them people never call you back….“ Du kannst dir nie sicher sein, wie die Sache sich entwickelt, und du musst immer auf dem Sprung sein, immer in Eile, keinen Flieger verpassen, Versprechungen machen: „So airplane airplane, sorry I’m late, I’m on my way so don’t close that gate. If I don’t make that then I’ll switch my flight and I’ll be right back at it by the end of the night…

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Wie wohltuend nach dieser Hetze wieder der Blick auf den nächtlichen Sternenhimmel – „I could really use a wish right now…“.

In der zweiten Strophe dann der Wunschtraum, die Sehnsucht nach dem einfachen (?) Leben, das schon in der ersten Strophe einmal angedeutet wurde: „to go back to a place much simpler than this…“. Zurück zu den Anfängen als kleiner, unbedeutender Straßenmusikant, der für ein Trinkgeld in der U-Bahn spielt („to get a tip at subway“), der nur um der Musik willen und der Freude daran („for the hell of it“) rappte und nicht, um sein Bankkonto aufzufüllen. Geld, bzw. das Nichtvorhandensein von Geld, ist hier mehrmals Thema. Geld – manchmal etwa  eine Belastung?

Es geht auch um Heimat und Herkunft, um Sprache und Identität. „And back before I tried to cover up my slang. But this is for Decatur, what’s up Bobby Ray“ – Decatur, das ist die Heimatstadt des Künstlers Bobby Ray Simmons.

Damals sprach und sang er in seinem Slang, musste sich nicht verbiegen, nicht seine Herkunft verleugnen. Heute muss er verständlich sein für ganz Amerika, ja, für die ganze Welt. Also bitte nicht zu viel Slang…

Ok, das ist schon eine sehr idealisierte Sicht der Dinge, oder? Und darf einer, der so sehr am Musik-Business verdient, solche Kritik äußern?

Ob B.o.B. wirklich zurück will in die U-Bahn-Unterführung, zurück zu seiner ersten Demo-Mix-Kassette, die keiner hören wollte?

Nicht wirklich, vermutlich. Aber träumen darf man ja mal. Tun das nicht alle? Wir treffen Entscheidungen, das Leben nimmt seinen Lauf mit allen Aufs und Abs. Und irgendwo liegt das Paradies, in der Vergangenheit oder für manche auch in der Zukunft, wer weiß das schon?

Jetzt aber dürfen wir träumen und uns ‘was wünschen. Das hilft manchmal dabei, die Gegenwart und die sogenannten „Tatsachen“ in einem anderen Licht zu sehen…

Let’s pretend that airplanes in the night sky are like shooting stars…and make a wish!