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Lady Gaga — Judas – MyVideo
Man nehme: massentauglichen Hochglanzpop, Liebe und Sex, Sünde und Religion, einen Hauch von „Botschaft“, rühre kurz um und garniere das Ganze mit einem rasant-brisanten Video – fertig ist ein neuer Hit der gaga Lady aus New York! Die Lyrics zu Lady Gagas Song „Judas“ könnt ihr hier nachlesen.
Ausgerechnet bei diesem Song, der in US-amerikanisch-kirchlichen Kreisen soviel Empörung hervorgerufen hat, gibt sich Lady Gaga in Interviews und Erklärungen als Philosophin:
The song „Judas“ is …“ about constantly walking towards the light in my life, but always clutching onto the light while peering towards the devil in the back.“
Es lohnt sich also durchaus, da mal näher hinzusehen. Lady Gaga besingt in der Rolle der biblischen Jüngerin Maria Magdalena ihre Liebe zu Judas:
„I’m in love with Juda-as, Juda-as… When he comes to me, I am ready, I wash his feet with my hair if he needs.”
Was in der Bibel von Jesus erzählt wird, dass eine Frau ihm die Füße mit ihren Tränen wäscht und mit ihrem Haar trocknet, diesen Liebesdienst bietet Maria hier Judas an, dem Jünger, der Jesus verriet. Sie weiß, wer Judas ist, was er tut – er gehört für sie ganz klar auf die Seite des Bösen und des Verrats, aber sie fühlt sich zu ihm hingezogen und vergibt ihm immer wieder:
„Forgive him when his tongue lies through his brain – even after three times he betrays me.“
Sie weiß um ihr hin-und-her-gerissen-sein, sie ist die Heilige und die Hure, die Dumme und die Liebende:
„ I’m just a Holy Fool, oh baby, it’s so cruel but I’m still in love with Judas, baby!“
Sie weiß um seine zerstörerische Macht „I’ll bring him down, bring him down, down…a king with no crown, king with no crown.”

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Die Liebe ist auch eine zerstörerische Kraft:
“I’ve learned love is like a brick, you can build a house or sink a dead body. “
Aber stärker als die Verurteilung ist für sie die Vergebung:
„Even prophets forgave his crooked way“ – selbst für Judas gibt es Vergebung, also auch für sie, die eigentlich als „fame hooker, prostitute, wench“ in der moralischen Beurteilung nicht meint bestehen zu können.
Sie schwankt zwischen Hoffnung auf Besserung und Hingabe an das Böse:
„I wanna love you, but somethin’s pulling me away from you. Jesus is my virtue and Judas is the demon I cling to.”
Der Kampf zwischen Gut und Böse tobt in ihr – wie in jedem Menschen, wie Lady Gaga nicht müde wird in Interviews zum Song zu betonen: “So the song is about washing the feet of both good and evil and understanding and forgiving the demons from your past in order to move into the greatness of your future.”
Der Gedanke gefällt mir und kommt meinem Menschenbild wesentlich näher als dem derer, die immer genau wissen, wer die Guten und die Bösen sind.
Lady Gaga sagt:
“If you have no shadows then you’re not standing in the light.” Recht hat sie. Und wer so ins (Rampen-) Licht drängt wie sie, muss wohl auch mehr Kritik erdulden, als die, die sich nicht trauen, in die erste Reihe zu treten.
Das Video zum Song „Judas“ mag auch den einen oder anderen religiös empfindsamen Menschen gestört haben: Jesus und seine Jünger als Rockerbande, Maria Magdalena als Vamp, ein gemeinsames Bad im Bier-Whirlpool mit Jesus und Judas, nun ja, das ist eben typisch Lady Gaga, wie der ganze Song: „And it’s really fun to dance to.“.
Aber durchaus mit einer Botschaft: „ I keep going back and forth between the darkness and the light in order to understand who I am.“
Am Ende des Videos liegt Maria Magdalena gesteinigt am Boden, ganz in Weiß gekleidet. Hat sie sich für die „Tugend“ entschieden – und führt das (immer) zum Tod? Lady Gaga als Märtyrerin? Hmm….
Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein, hat Jesus gesagt. Das haben die Steiniger wohl nicht gehört – war Rocker-Judas lauter als Jesus, der König mit der Dornenkrone? Oder waren sie sich ihrer Schuld nicht bewusst? Ganz schön gaga, das alles…
(Zitate aus Interviews gemäß wikipedia-Artikel)